Liebe zum Anfassen

Nachricht 15. Mai 2024

13 Konfis lernen die Diakonie kennen und gestalten den Inklusiven Gottesdienst 2024.

Seit einigen Jahren spreche ich manchmal über meine eigene „Bubble“ (Englisch für „Blase“). Damit meine ich dann die Gruppe von Menschen, die ich in meiner Freizeit gerne und regelmäßig treffe: Freundinnen und Freunde oder Menschen, die mir bei Lieblingsaktivitäten begegnen. In der Regel sind die Menschen einer „Bubble“ ähnlich: gehören zur selben sozialen Schicht, haben ähnliche Interessen, teilen oft dieselben Überzeugungen und Lebensumstände. So eine „Bubble“ ist oft gut zum Wohlfühlen, aber sie bleibt auch immer beschränkt.

Paulus schrieb in seinem Brief an die Gemeinde in Korinth ganz am Ende: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14). Dieser Vers ist die Jahreslosung für 2024. Paulus wollte damit Grüppchen oder „Bubbles“, die sich unter den Christinnen und Christen in Korinth gebildet hatten, wieder näher zueinander führen. Viele Menschen dort hatten nämlich aufgehört miteinander zu reden und sich gegenseitig zu verstehen.

Die Konfirmandinnen und Konfirmanden der 4. Klassen hatten diesen Februar und März die Möglichkeit, die „Bubble“ des Konfi-Unterrichtes zu verlassen. Unsere jugendlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellten den Kindern zu diesem Zweck die Arbeit der Diakonie vor. Dabei ging es um Fragen wie: Welche Menschen unterstützen diakonische Einrichtungen besonders? Welche unterschiedlichen Bedürfnisse haben Menschen, die Pflege brauchen? Und was hat das mit Jesus und Nächstenliebe zu tun? Bei einer Wahrnehmungs-Rallye, die uns Maren Mittelberg zur Verfügung stellte, konnten die Kinder spielerisch erproben, wie die Welt mit einer Beeinträchtigung aussieht. Wie ist es z.B. mit eingeschränktem Sehvermögen durch die Kirche zu laufen? Wie ziehe ich mir ein Hemd an, wenn ich nur einen Arm dafür gebrauchen kann? Was für Sinneseindrücke nehmen zu, wenn ich nichts höre?

Dieses ganze Programm war Teil der Einheit „Inklusion und Diakonie“, die schon seit einigen Jahren fest zum KU4-Konzept in Matthäus gehört. Ebenfalls in guter Tradition besuchten die Konfirmandinnen und Konfirmanden in diesem Zuge das Katharina-von-Bora-Haus (kurz: KaBo), eine diakonische Pflegeeinrichtung in unmittelbarer Nachbarschaft zur Gemeinde. Dieses Jahr arbeiteten die Kinder dabei einen Nachmittag lang mit den Seniorinnen und Senioren aus dem „Wohnbereich für Menschen mit Demenz“ zusammen. Die Leiterin des Begleitenden Sozialen Dienstes, Imke Mennenga-Schagon, begleitete das Projekt. Dank ihrer Vorarbeit und der helfenden Hände einiger Eltern und Großeltern gab es rund 90 Stoffherzen, die nun mit Watte gefüllt werden mussten. Die Konfirmandinnen und Konfirmanden hatten große Freude mit den Seniorinnen und Senioren zusammenzuarbeiten. Von Berührungsängsten mit dieser besonderen Welt im Wohnbereich des KaBo war bei den Kindern nichts zu merken. Munter stellten sich beide Gruppen beim Basteln gegenseitig Fragen.

Die gestopften Handschmeichler in Herzform, die an diesem Nachmittag entstanden, waren zwei Wochen später ein Teil des Inklusiven Gottesdienstes. Zwischen fröhlichen Liedern und einem Vater-Unser mit Bewegungen verteilten die Kinder Herzen an die Besucherinnen und Besucher, darunter auch Bewohnerinnen und Bewohner des Katharina-von-Bora-Hauses. Die Handschmeichler dienten zur Erinnerung an die Liebe zum Anfassen, von der Paulus im 1. Korintherbrief schreibt. Eine Liebe, die auch Menschen einschließt, denen wir sonst selten begegnen. Eine Liebe, die einfühlsam ist. Eine Liebe, die hilfsbedürftigen Menschen Gutes tun will, aber auch damit rechnet, dass sie selbst Gutes zu geben haben. Eine Liebe, die über die eigene „Bubble“ hinausgeht.

Alles unter dem Motto: „Wenn uns gelingt, ab und zu ein bisschen Jesus in unser Herz reinzulassen, dann wird auch ein bisschen Jesus rauskommen, wenn wir miteinander leben.“

Vikar Lukas Wünsch

(c) Imke Mennenga-Schagon