Unsere Kirchen - Matthäus und Thomas

Die Matthäuskirche

Die Grundsteinlegung war 1960, in den 70er Jahren die Hochphase des Gemeindewachstums, zum 50. Jubiläum 2010 gab es ein fröhliches Fest und in den letzten Jahren viele Veränderungen. Gesellschaftliche Entwicklungen spiegeln sich im Kleinen im Gemeindeleben wider.
Wir freuen uns über den Kirchenführer für die Matthäuskirche, den  Martin Tews, Kirchenpädagoge, 2017 erarbeitet und gestaltet hat. Er nimmt die Besucher*in buchstäblich "an die Hand". Der Fokus liegt auf dem Altarbild (s.auch Artikel unten) und den Kirchenfenstern. Sie sorgen bei Sonnenschein für wundervolle Lichtspiele im Innern des Kirchenraumes.

Altarbild

Das Altarbild
Das Altarbild wurde im Jahre 1960 in der gerade fertiggestellten Kirche von dem jungen Künstler Klaus Arnold aus Süddeutschland gemalt. Nach gründlichen Überlegungen zwischen Kirchenvorstand und Künstler entschied man sich für das Motiv des Gleichnisses von den klugen und törichten Jungfrauen. Klugheit und Torheit sind Eigenschaften, die jedem Menschen zu eigen sind.
Die Altarwand erhielt zunächst einen geglätteten Gipsputz. Darauf malte der Künstler mit Bienenwachsfarben, die überwiegend in Wischtechnik mit Handballen und Fingern aufgetragen wurden. Durch diese Technik entstand anstelle einer zeichnerischen, bildnishaften Grundstruktur eine flächenhafte Komposition von einander zugeordneten Farben und Flächen, wodurch die Motive im Raum zu schweben schienen.  Der Künstler hat das Gleichnis bildhaft, ohne Bindung an Zeit und Raum in einer für jeden erkennbaren Ausdrucksform erzählt.
Figuren, Motive und Situationen sind nicht gegenständlich und im zeichnerischen Detail dargestellt, sondern zeitlos, schemenhaft und fließend. Bei längerem Betrachten des Bildes scheinen sich die Gestalten und Gruppen zu bewegen. Wer das Bild beim ersten Mal noch rätselnd betrachtet, dem wird es auf eigenartige Weise vertraut, wenn er es des öfteren im Gottesdienst vor Augen hat.
Da das Altarbild durch Setzrisse und einen Brand beschädigt war, wurde es 1998 durch Wolfram Kummer restauriert.
Auch die Gestaltung der Kirchenfenster wurde bei dem Künstler Klaus Arnold in Auftrag gegeben. So entstand hier keine Buntglas – Ornamentik, sondern das Thema des Altarbildes wurde konsequent fortgesetzt.
Text: Dipl. Ing. Heinz Fehrensen

 

Die Thomaskirche

Die Thomaskirche ist die jüngste ev.-lutherische Kirche in Osnabrück. Sie wurde im September 2001 eingeweiht. In der Dodesheide versammelt sich die Gemeinde unter einem besonderen Dach, das eine von oben kommende Hand mit seinen ausgebreiteten 5 Fingern symbolisiert. Nach Psalm 139,5 hält Gott seine schützende Hand über seine Gläubigen.
Als Gegenstück zur schützenden Hand Gottes, dem Kirchendach, ist der Altar gestaltet. Er ist wie eine stilisierte Hand geformt. Auf ihren Fingern balanciert sie ein Glastablett, auf dem der Gemeinde die Sakramente gereicht werden: Gott selbst reicht der Gemeinde, was sie zum Glauben braucht. Aus der Mitte dieser Gotteshand wächst wie ein Baum: das Strahlenkreuz. Die Mitte des Glaubens und zugleich ihr „Lebensbaum“ zum ewigen Leben (wie jener im Paradies) ist das Kreuz, dessen goldene Strahlen als „Sonne der Gerechtigkeit“ leuchten. Lutherische Zeichen der Kirchen sind Wort und Sakrament zusammen. Das ist der Grund, warum der Ambo (Lesepult) in Material und Gestaltung dem Altar gleicht.

Die Tapisserie

Vier große, handgewebte Wandteppiche, Tapisserien genannt, zieren den Altarraum. Sie erinnern die Gemeinde an wichtige Besonderheiten in den Kirchenjahreszeiten:
1.    Ein in weiß gehaltener Teppich mit einem golddurchwirkten Kreuz, das sich in den sonnengelben Himmel erstreckt – die Oster- und Freudenzeitfarbe.
2.    Dieser Teppich wird in Fastenzeiten mit einem lila-schwarzen Teppich nahezu ganz verdeckt. Der mittlere, konisch nach oben geöffnete Spalt gibt den Blick auf das Himmelskreuz der Ostertapisserie frei.
3.    Für die Feste des Heiligen Geistes steht die Farbe rot. Die rote Tapisserie zeigt Torbögen, die von Feuerflammen  durchzogen werden.
4.    Die Tapisserie der grünen Kirchenjahresfarbe ist bestimmt von einem der bedeutendsten Gleichnisse Jesu Christi: Das Himmelreich steht und fällt in der Welt von der Austeilung der guten Botschaft Jesu Christi und wie sie aufgenommen wird: Das vierfache Ackerfeld.
Gedanken zur Tapisserie „Der vierfache Acker“ von Gudrun Müsse-Florin, der Künstlerin, die die Tapisserien in der Thomaskirche geschaffen hat.
„Der vierfache Acker“ heißt ein Gleichnis aus dem Markusevangelium, das die Künstlerin hier gestaltet hat. Darin wird von einem Sämann erzählt, von dessen Saatkörnern viele auf Wegen, Steinen oder unter Dornen landen und dort verdorren - nur ein Teil fällt auf guten Boden und trägt reiche Frucht. Einige der Motive erkennen wir unschwer auf dem Wandteppich wieder – die Künstlerin hat die Sinn-Bilder aus dem Gleichnis in Anschauung umgesetzt. Doch die Aufgabe einer eigenen Deutung nimmt sie uns damit nicht ab. Vielmehr muss der Betrachter sich mit dem Kunstwerk – ebenso wie mit dem biblischen Text – in einen Dialog einlassen. Jeder ist selbst aufgefordert, zu den Problemen, die dort angesprochen werden, Stellung zu nehmen, auf die Fragen, die an ihn gestellt werden, Antworten zu suchen.
Da sind die Dornen an der rechten Seite; spitz sind sie, gefährlich und aggressiv ragen sie ins Bild. Wie sie im Gleichnis die aufkeimende Saat ersticken, so rufen sie Erinnerungen an Ängste, Niederlagen hervor, die lähmen und mutlos machen und jedes Pflänzchen Hoffnung ersticken.
Auf der linken Seite des Teppichs als goldgelbe Punkte die ausgestreuten Saatkörner – eigentlich Sinnbilder der Hoffnung, des Lebens. Hier aber fallen sie auf Steine, auf harten, ausgetrockneten Boden und haben keine Chance, ihre Lebenskraft zu entfalten. So, wie es oftmals auch mit unseren Träumen und Hoffnungen geschieht, die in unserem durch Routine und Unrast zubetonierten Alltag keine Wurzeln schlagen können.
Und schließlich die Vögel, die nach den Körnern schnappen. Keine fröhlichen Sänger, die uns morgens mit ihrem Zwitschern wecken. Schwarz und bedrohlich sind diese, wenn sie sich mit spitzen Schnäbeln auf ihre  Beute stürzen, dunkle Mächte, wie es sie auch in unserem Leben gibt.
Hat die Künstlerin in der Tapisserie also unsere Ängste, unsere vergeblichen Hoffnungen, unser Scheitern gestalten wollen? Ich denke nicht, denn es war noch gar nicht von dem mittlern Feld die Rede. Dem größten, das mit seinen warmen Gelb- und Ockertönen die dunklen Elemente überstrahlt und an die Seite drängt. Helle Lichtpunkte blitzen dazwischen auf, und schwungvoll streben alle Linien nach oben: ein Sinnbild des Aufbruchs, der Zuversicht. Zwar gebe es allenthalben – so deutete Pastor Wille in seiner Predigt zur Einweihung der Tapisserie diese Darstellung – auch in unserem Leben, Felsen, ausgetretene Wege, Dornen. Aber das Gleichnis erzähle nicht in erster Linie von unseren Defiziten, sondern davon, dass Gott den Samen seines Wortes reichlich streue und die Frucht überreichlich ausfallen werde.
Darum laden wir Sie ein: Nehmen Sie sich Zeit und betrachten Sie dieses Kunstwerk in der Thomaskirche. Lassen sie es zu sich sprechen und Ihre eigenen Gefühle und Erinnerungen dabei lebendig werden. Und lassen Sie seine Botschaft auf sich wirken von der Fülle, von dem geheimnisvollen Wirken des Reiches Gottes auch in unserem Leben.

(Text: Friedemann Meier)